Berlin, 11.10.2017. In Südamerika, insbesondere in Venezuela und Kolumbien genießt Deutschland einen exzellenten Ruf. Es gilt als Hochtechnologie-Standort mit einem sehr hohen Lebensstandard. In Deutschland, so das Bild, habe man es durch Fleiß und Disziplin zu einem Wohlstand gebracht, von dem man in Kolumbien oder Venezuela nur träumen kann. Dieser Ruf sorgt für einen Boom in Südamerika. Vor allem südamerikanische Pflegekräfte interessiere sich für eine Beschäftigung in deutschen Pflegeeinrichtungen, da die Arbeitsbedingungen im heimischen Bogotá als eher schlecht wahrgenommen werden. Bei einer hohen Arbeitsbelastung und sehr hohen Studiengebühren beträgt der monatliche Lohn gerade einmal 350 bis 500 EUR. Die Arbeitsbedingungen in Deutschland werden als nahezu paradiesisch wahrgenommen. Daher verzeichnen deutsche Sprachschulen einen hohen Zulauf an Pflegekräften, die sich auf eine Beschäftigung in Deutschland vorbereiten.
Diese Pflegekräfte sind ein Gewinn für Deutschland. Seit Jahren ist die Situation am deutschen Pflegemarkt angespannt. Bis vor zwei Jahren gelang noch die Gewinnung von Pflegekräften aus Europa nach Deutschland. Jedoch ist der Markt leergefegt. Es kommen nur noch sehr wenige Pflegekräfte und die wenigen, die kommen, gehen meist nicht dorthin, wo sie benötigt werden. So bleiben viele Stellenangebote ohne Resonanz. Heimleiter, Personalverantwortliche von Pflegediensten oder Rehabilitationskliniken können die Stellen in der Pflege nicht mehr besetzen. In der Intensivpflege muss man Patienten ablehnen, weil man die Schichten nicht besetzen kann. Ein Umstand, der sich noch verschlechtern dürfte, wenn man die demographische Entwicklung in Deutschland betrachtet. Hinzu kommt eine nicht abreißende Konjunktur. Mit einer Beschäftigungsquote von mehr als 75% der aktiven Bevölkerung (aktive oder Erwerbsbevölkerung bezeichnet die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Menschen zwischen dem 16. und dem 65. Lebensjahr) können sich die Bewerber aussuchen, wo, wann und zu welchen Konditionen sie arbeiten möchten. Zum Vergleich: in Spanien arbeiten gerade einmal 42% der aktiven Bevölkerung. Der Beschäftigungssegen ist zugleich ein Problem für Beschäftigungssektoren wie im Gesundheitsbereich. Dort gab es schon vor dem Beschäftigungsboom Probleme, Fachkräfte zu gewinnen. Die letzten Arbeitsmarktzahlen haben dieses Problem noch verschärft.
Als Ausweg bleiben Werbekampagnen, aufwendige Stellenanzeigen und Besuche in den örtlichen Schulen, um für den Beruf in der Pflege zu begeistern. Dort müssen die Geschäftsführer und Pflegedienstleitungen den Schülerinnen und Schülern erklären, warum sich ein Beruf in der Pflege lohnt. Unabhängig von der Tatsache, ob es ihnen gelingen wird oder nicht, spricht die Statistik gegen die gut gemeinten Initiativen, denn immer weniger junge Menschen stehen einer immer älter werdenden Bevölkerung gegenüber, die sich hauptsächlich im ländlichen Bereich befindet. Dort, woraus die Jugendlichen zunehmend wegziehen. Nicht nur, dass die Pflegebedürftigkeit vor allem auf dem Land zunimmt, sondern auch die Tatsache, dass immer mehr junge Leute das Land in Richtung Großstadt verlassen, sorgt für einen Mangel an medizinischem Personal. Auf dem deutschen Pflegemarkt sind Pflegekräfte rar geworden. Und da es sich nicht nur um ein perspektivisches Problem, sondern bereits um einen akuten Mangel handelt, müssen Vorschläge auf den Tisch: Hier kommen die Pflegekräfte aus Südamerika ins Spiel. Sie genießen einen sehr hohen Ausbildungsstandard. Pflege wird in Südamerika in vier- bis fünfjährigen Studiengängen studiert. Diese Abschlüsse werden in Deutschland anerkannt, so dass als einzige Hürde die Sprache bleibt. Hierfür sitzen die südamerikanischen Pflegekräfte in Klassen, um Deutsch zu lernen. Die ersten Pflegekräfte arbeiten bereits in Deutschland und die nächsten folgen. Der Personalvermittler Vicente Milán geht in den nächsten Jahren von einer deutlichen Steigung aus. Auch wenn einige Pflegeeinrichtungen noch zögern, diesen Schritt zu gehen, zeigt die Tendenz eindeutig in Richtung Südamerika, insbesondere in Richtung Kolumbien, Peru und Venezuela. Hier liegen anerkennungsfähige Berufstitel vor, einUmstand, auf den man in kaum einem anderen Drittstaat treffen dürfte.